Ich war jung und hatte das Geld.
Tino entdeckte bei einem Mercedes-Benz-Händler ganz in der Nähe seines Zuhauses ein mittlerweile sieben Jahre altes E30 M3 Cabrio in Sterlingsilber. Es hatte gerade mal 60.000 Kilometer auf der Uhr, war also lediglich ein paar Tausend Kilometer pro Jahr gelaufen und wirkte wie neu. Im Gegensatz zu wohl den meisten in seinem Alter war Tino bis dahin äußerst sparsam gewesen, sein Konto war also ungewöhnlich gut gefüllt. Nun kratzte er alles zusammen, was er hatte, trat durch die Händlertür und kaufte sich seinen Traum. Die tiefe Verbundenheit mit seiner Neuerwerbung besiegelte er mit einer selbst gestalteten Aluminiumplakette, die er neben dem Schalthebel auf einen Riss im Leder klebte. „BMW M-GmbH, M3 Cabrio, No-558“.
Das erste BMW M3 Cabrio – das Beste aus zwei Welten.
Um ihr neues Projekt perfekt zu machen, nahmen die Techniker der BMW M GmbH 1988 die Rohkarosserie vom BMW Cabriolet, die für die Aufnahme der M 3-Fahrwerksteile und der breiteren Räder modifiziert wird. Deshalb zieren das M 3 Cabriolet auch die attraktiven Kotflügelverbreiterungen, welche die sportlichste Variante der BMW Dreier-Reihe wirkungsvoll markieren. Mit 195 PS von 0 auf 100 in 7,5 Sekunden und Spitze 228 km/h. Bis heute eine echte Ansage.
So schnell wie mit diesem Autotraum war Tino aber auch privat unterwegs. Gerade mal ein Jahr später wurde er bereits Immobilienbesitzer, also mit neunzehn. Ein weitaus größerer Traum, jedenfalls finanziell, und dafür musste der erste Traum schon wieder gehen, besser gesagt rollen, nämlich nach England, denn auch dort gibt es viele Fans. Goodbye, my love, goodbye.
Ende der Geschichte? Von wegen!
Im November 2019 googelt der längst erwachsene Tino im Bett auf dem Handy Fahrzeugbilder: E30 M3 Cabrio, er hat es nie vergessen. Und da steht eines von wahrscheinlich nur sieben je in Silber gebauten zum Verkauf. Eine eilige WhatsApp an den Besitzer: Hat es die Plakette? Ein Bild als Antwort: Tatsächlich, es ist sein Traumwagen von damals! Jetziger Kilometerstand 133.000, elf Jahre trocken eingelagert. Geparkt in Oxford, England. Tino kauft es unbesehen vom Bett aus. Zum zweiten Mal.
Ein paar Wochen später fliegt er bereits nach England und fährt dann 1.500 Kilometer auf eigener Achse mitten im Dezember heim, ein unglaubliches Gefühl. Sein Cabrio trägt noch immer das originale blaue Verdeck und den Originallack, der Unterboden ist perfekt. Lediglich den Schaltknauf hat mal jemand gegen einen von AC Schnitzer getauscht, ansonsten hat sich nichts verändert. Nicht mal das Kennzeichen. Denn die alte Nummer war bei der Zulassung gerade wieder frei: M-LT 20.
Déjà-vu vom Feinsten. Nur ist es hier keine Erinnerungstäuschung, sondern sehr real. Die unglaubliche Geschichte eines früh Verliebten, der seinen Traum ein zweites Mal leben darf. Und diesmal hoffentlich etwas länger als beim ersten Mal.